Deichstraße

Dauerbrenner Klinkerpflaster

Die Deichstraße wurde in den 90er Jahren erneuert, was auch dringend erforderlich war. Doch von Anfang an gibt es Probleme mit Teilen des Klinkerpflasters, die bis heute nicht gelöst sind, warum?

(Nachtrag für eilige Leser: Das Endergebnis sehen Sie ganz am Ende des Artikels)

Die Teilung der Straßenfläche in einen befahrenen (Klinker hochkant verlegt) und einen unbefahrenen Gehwegbereich mit nichtbefahrbarem Pflaster (Klinker flach verlegt) ist der Grund für die Probleme. Es war von Anfang an klar, dass der gesamte Bereich befahren werden würde, wenn Fahrzeuge dort halten oder parken. Trotzdem wurde die Straße geteilt in einen teureren und einen billigeren Teil, der nicht den Ansprüchen an befahrbares Klinkerpflaster entsprach.

So wurde – wie an anderen Stellen auch – am falschen Ende ‚gespart‘, und die Probleme waren programmiert. Die betroffenen Bereiche müssen jetzt nach und nach repariert und nachgebessert werden. Die Kosten trägt der Flecken also doppelt, aber beim zweiten mal ohne Zuschüsse ganz allein. Da helfen auch keine Parkverbote, mit denen Martens das selbst verschuldete Problem zu vertuschen versucht hatte, denn das Pflaster war hin.

Aber gelernt hat man daraus nicht. Zwar wurden die Klinker jetzt hochkant als sogenannte Rollschicht verlegt, aber die Arbeit war schon auf den ersten Blick nicht sach- und fachgerecht ausgeführt worden. Ungleichmäßige Fugenbreite, nicht bzw. schlecht verfüllte Fugen und ein völlig unzureichender Unterbau führten zu ungleichmäßigen Setzungen, es entstanden Mulden, die Klinker wackeln und verschieben sich seitlich. Die reparierten Bereiche waren von Anfang an schlechter, als die alten korrekt gepflasterten befahrbaren Bereiche.

Diese Reparaturarbeit hätte gar nicht erst abgenommen werden dürfen.

"Wanderndes" Pflaster, ungleichmäßige unverfüllte Fugen, zerbröckelnde Klinker: Die derart "reparierte" Fläche oben rechts im rechten Bild hebt sich deutlich erkennbar von den funktionstüchtigen alten befahrbaren Bereichen ab.

Mulden in Längs- und Querrichtung und ungleichmäßige, unverfüllte Fugen sowie durch Fahrzeugbelastung verschobenes Pflaster im gesamten "reparierten" Bereich. Alle Bilder wurden am 22.03.2012 im Bereich der Hausnummern 42 – 46 aufgenommen.

Ein Anwohner zeigte den ausführenden Arbeitern auf der Baustelle, wie Klinkerpflaster mit gleichmäßigen Fugen verlegt wird. Es kann sich mithin nicht um Facharbeiter gehandelt haben, denn die können das. Die Fugenbreite hätte 3 – 5 mm betragen müssen, beträgt hier aber zwischen 0 und mehr als 10 mm. Die verschiedenen Mulden sind auf unzureichende Verdichtung des Untergrundes zurückzuführen. Fraglich ist hier auch, ob in die Fugen geeignetes Material eingefüllt wurde, z. B. Pflastergrand, und ob alle erforderlichen Arbeitsgänge (einfegen, einschlämmen, verdichten) korrekt erfolgt sind.

Von alledem hat der Auftraggeber offensichtlich nichts mitbekommen.

Weiter scheinen die für solche Arbeiten üblichen Verdichtungsnachweise nicht erbracht worden zu sein, die eine Belastung von 120 MN/m² hätten nachweisen müssen. Möglicherweise waren sie vom Auftraggeber auch gar nicht gefordert worden, möglicherweise wurde auch hier wieder am falschen Ende gespart


Die Freien Wähler fragen mit Schreiben vom 24. März 2012 (Frage E) nach den §§ 5 und 10 der GO beim Bürgermeister an und erhalten mit Schreiben vom 24. April 2012, abgesandt am 5. Juli 2012 (!) folgende Antworten, Auszug:

E. Reparatur des Pflasters in der Deichstraße

Im Herbst des vergangenen Jahres sind in der Deichstraße im Bereich der Hausnummern 42 – 46 Teile des Pflasters erneuert worden. Die Arbeiten sind nicht sachgerecht ausgeführt worden. Die Fugen sind nicht gleichmäßig, sie sind nicht korrekt verfüllt, der Unterbau ist nicht korrekt hergestellt worden. Im Ergebnis haben diese Mängel dazu geführt, dass der erneuerte Bereich nicht nur schlecht aussieht, sondern die Pflastersteine teilweise bereits wieder lose und beschädigt sind, bzw. nie fest gesessen haben. Andersherum gesagt stimmt dort qualitativ nichts, es ist schlicht Pfusch. Daher bitten wir um die Beantwortung der folgenden Fragen:

(Fragen und Antworten zur besseren Verständlichkeit tabellarisch)

 
Frage
Antwort
E 1

Welche Firma hat die Arbeiten ausgeführt?

Die Firma Kolbe Straßen- und Tiefbau GmbH & Co. KG.

E 2

Welche Qualifikation hatte die ausführende Firma und die Mitarbeiter?

Bei der bauausführenden Firma handelt es sich um eine eingetragene Straßenbaufirma.

E 3

Sind die Arbeiten abgenommen worden?

Ja.
E 4

Wer hat die Arbeiten abgenommen?

Die Verwaltung. Anwesend war zudem der Bürgermeister.

E 5

Wenn ja, über welche fachliche Qualifikation verfügt derjenige, der die Arbeiten abgenommen hat?

Der technische Angestellter der Samtgemeinde ist ein Tiefbautechniker.

E 6

Gibt es ein Abnahmeprotokoll? (Wenn ja, bitten wir, uns das vorzulegen)

Nein. Bei solchen Reparaturen wird kein Protokoll angefertigt.

E 7

Sind die Arbeiten teilweise bzw. vollständig bezahlt worden?

Die Arbeiten sind vollständig bezahlt worden.

E 8

Wie lang ist die Gewährleistungsfrist?

Bei solchen Reparaturenmaßnahmen gibt es keine Gewährleistungsfrist.

E 9

Wann und wie sollen die Mängel behoben werden?

Die Firma Kolbe ist informiert. Die Mängelbeseitigung soll zeitnah erfolgen.

E 10

Wer trägt die Kosten für die Behebung der Mängel?

Die Firma.

 

Es ist uns weiter bekannt geworden, dass Ihnen ein detaillierter Sanierungsvorschlag für die Deichstraße mit Nennung einer qualifizierten Firma und der Kosten von Herrn xxxxxxxxxxxxxxxx vorgelegt worden ist. xxxxxxxxxxxxxxxx ist als Diplomingenieur Tiefbau mit jahrzehntelanger Erfahrung zweifelsfrei fachlich versiert. Seinem Vorschlag sind Sie nicht gefolgt. Wir bitten um die Beantwortung der folgenden Fragen:

 
E 11

Ist der geschilderte Sachverhalt zutreffend?

Nein.
E 12

Wenn ja, was ist dem ggf. hinzuzufügen?

Die Beantwortung erübrigt sich.

E 13

Wenn nein, was ist unzutreffend?

Herr xxxxxxxxxxxxxxxxx hat ein Angebot der Firma Wilhelm Henn vorgelegt. Die Gemeinde hat weitere Angebote eingeholt und den Auftrag an den wirtschaftlichsten Bieter vergeben.

E 14

Wurde der Vorschlag von xxxxxxxxxxxxxxx dem Rat vorgelegt?

Nein, weil es keine Gemeinderat Angelegenheit ist.

E 15

Wieso sind Sie dem Vorschlag von xxxxxxxxxxxxxxx nicht gefolgt?

Der Auftrag ist an den wirtschaftlichsten Bieter vergeben worden.

E 16

Wieso werden die kostenlosen Kompetenzen der Bürger hier nicht genutzt?

Welche Kompetenzen?

Die Antworten auf die Fragen E 4, E 6, E 8, E 9 und E 14 werfen weitere Fragen auf.

Zu E 4: Die Frage zielte darauf, wer verantwortlich ist, die Antwort verschleiert das aber. Nach unserer Kenntnis ist der Hauptverwaltungsbeamte (Bürgermeister des Flecken) verantwortlich und nicht ein Verwaltungsangestellter der Samtgemeinde. Demnach wäre die Frage falsch beantwortet, also nochmal konkret.

  1. Wer ist im juristischen Sinne für die Abnahme der Arbeiten verantwortlich?
  2. In welcher Eigenschaft bzw. Funktion war der Tiefbautechniker bei der Abnahme anwesend, beratend oder verantwortlich?
  3. Wurde unsere Frage vom 24. März 2012 unzutreffend beantwortet?

Zu E 6: Es ist schwer vorstellbar, dass solche Arbeiten ohne jegliche Schriftform abgenommen werden.

  1. Wie hoch waren die Kosten der Reparatur (Angebot und Abrechnung)?
  2. Welche schriftlichen Belege gibt es über die Reparatur?
  3. Welche Qualitätsvorgaben (z. B. Verdichtungsmaß) sind der Fa. Kolbe gemacht worden?

     

Zu E 8: Für solche Arbeiten beträgt die Verjährungsfrist für Mängelansprüche (früher: Gewährleistungsfrist) nach der Abnahme nach § 13 Abs. 4 Nr. 1 Satz 1 VOB (Verdingungsordnung für Bauleistungen) 4 Jahre und nach BGB 2 Jahre.

  1. Wieso wird eine Verjährungsfrist für Mängelansprüche in Abrede gestellt?
  2. Wieso besteht angeblich weder nach VOB noch nach BGB ein Rechtsanspruch?
  3. Wieso will die Firma die Arbeiten dennoch auf ihre Kosten ausführen, wenn es doch angeblich keine Verjährungsfrist für Mängelansprüche gibt?
  4. Wurde unsere Frage vom 24. März 2012 unzutreffend beantwortet?

Zu E 9: Die Antwort ist datiert mit dem 24. April 2012, aber die Mängelbeseitigung ist bis heute nicht erfolgt. Üblich ist es, die säumige Firma 3 mal aufzufordern und dann eine andere Firma im Wege der Ersatzvornahme mit der Mängelbeseitigung zu Lasten der säumigen Firma zu beauftragen. Rechtsgrundlage: § 13 Abs. 5 Nr. 2 VOB.

  1. Warum ist die Mängelbeseitigung bisher nicht erfolgt?
  2. Was wurde seitens des Flecken zur Mängelbeseitigung bisher unternommen?
  3. Wann wird der Flecken für das gezahlte Geld eine sach- und fachgerechte Leistung entsprechend den Regeln der Bautechnik erhalten?

Zu E 14: Es wurde kein Grund dafür genannt, wieso es keine Angelegenheit des Gemeinderats war, daher die Nachfrage:

  1. Wieso ist es keine Angelegenheit des Gemeinderats?

Die Antwort auf die letzte Frage E 16 ist keine Antwort, sondern eine Gegenfrage, kein Kommentar.

Es besteht der schwerwiegende Verdacht, dass Bürgermeister Georg Martens als Hauptverwaltungsbeamter gegen die Verpflichtung zur wahrheitsgemäßen Beantwortung der Fragen der Mitglieder der Vertretung (Ratsmitglieder) verstoßen hat. Wir hoffen, dass dieser Verdacht ausgeräumt werden kann. Sollte der Verdacht nicht ausgeräumt werden, sind Konsequenzen unvermeidlich. Die Freien Wähler haben die vorstehenden Fragen an den Bürgermeister mit Schreiben vom 31.12.2012 gestellt. Wir sind gespannt auf die Antworten.

Den Freien Wählern wäre es lieber gewesen, wenn wir gar nicht erst hätten fragen müssen. Und natürlich wäre es uns lieber gewesen, wenn wir nicht nochmals hätten nachfragen und gar veröffentlichen müssen. Wir haben wirklich auch andere Dinge zu tun, aber in Neuhaus ist es eben so wie es ist.

Nachtrag

(Auszug aus unserem Flyer Nr. 8 vom Oktober 2015

Sie erinnern sich? Die mangelhafte Pflasterung der Deichstraße Höhe Haus-Nr. 42 – 46 wurde im Jahre 2011 für 5.853,91 € repariert.

Im März 2012 hakten die Freien Wähler offiziell nach und wurden mit Märchen von „auf Reparaturen gibt es keine Gewährleistung" bis „es liegt gar kein Mangel vor" konfrontiert. Durch Akteneinsicht konnten die Freien Wähler die Vertragsgrundlagen eindeutig klären und die Beseitigung der Mängel vorantreiben. So wurde die Reparatur der Reparatur im Sommer 2014 endlich ausgeführt.

Ende gut, alles gut? Mitnichten!

Es wurde nicht alles repariert, was schlecht ist und die erneute Reparatur ist wieder grob mangelhaft: Die Fugen sind nicht maßhaltig (0 – über 10 mm statt 3 – 5 mm) und nicht richtig verfüllt. So sieht die reparierte Stelle nur wenig besser aus als vorher. Buckel und Mulden, Abplatzungen und wackelnde Steine sowie falsches Fugenmaterial, Dreck und Unkraut in den offenen Fugen sind das mangelhafte Ergebnis – offiziell abgenommen!

Für die nicht nachgebesserten Bereiche ist der Anspruch auf Mängelbeseitigung nach 4 Jahren jetzt beendet. Der Pfusch für unser gutes Geld bleibt uns Dank der konsequenten Weigerung des Bürgermeisters fachgerechte Arbeit einzufordern dauerhaft erhalten. Nur die Nachbesserung von 2014 könnte im dritten Anlauf noch fachgerecht gebaut werden.
Eigentlich wollten wir hier den Erfolg unserer Bemühungen aufzeigen. Das ist leider nicht möglich. Im Ergebnis haben wir also nach wie vor eine schadhafte Straße und ein desolates Straßenbild. Mehr als schade.

Und so sieht die Gewährleistung dann aus:

 

 

Der Bürgermeister hat seinen Pfusch mit Klauen und Zähnen erfolgreich verteidigt und ist wieder gewählt worden.

Weiter so, Neuhaus!