Fusion der Samtgemeinden

Bleibt die echte kommunale Demokratie auf der Strecke?

Gebietsreformen gibt es so lange, wie es Gebiete gibt. Art. 28 GG schreibt vor, dass die Kommunen auskömmlich auszustatten sind, aber nicht, wie groß sie sein sollen. Früher gab es Kommunen unter 100 Einwohnern, aber die sind längst fusioniert, ohne dass die Demokratie darunter gelitten hätte. Wir haben auch schon lange Kommunen mit mehr als 1 Million Einwohnern, gibt es da etwa keine "echte kommunale Demokratie", frage ich mich?

Ich hatte noch vergessen zu erwähnen, dass auch die Kassenkredite (=Kontoüberziehungen) der einzelnen Mitgliedsgemeinden vollständig getilgt werden. Für Neuhaus, das in den letzten Jahrzehnten hoffnungslos für alle Zeiten verschuldet wurde, ohne dass ein einziger bedeutender Gewerbesteuerzahler wie z. B. durch Windkraft oder Campingplatz angesiedelt worden ist, ist diese Fusion der letzte Ausweg. Solchen Gemeinden wie Neuhaus bleibt am Ende nur die Selbstaufgabe, ob als Fusion mit Nachbargemeinden oder als Einheitsgemeinde. Hier hat ein Gemeinderat ohnehin schon längst keinen Gestaltungsspielraum mehr, sondern praktisch nur noch Formalitäten abzuwickeln. Es ist daher auch nicht mehr die Frage, welcher Preis gezahlt wird.

Das Problem ist nur vordergründig die Überschuldung, tatsächlich sind es die fehlenden Einnahmen, die zu diesen Schulden geführt haben. Das hätte auch eine für kleine Gemeinden günstigere Verteilung der Gelder im Lande im Falle Neuhaus nicht verhindern können. Und es liegt hier auch nicht nur an den vielen Brücken, wie gerne geklagt wird, sondern an der jahrzehntelangen unternehmensfeindlichen Politik im Ort, die die auch hier bestehenden Chancen nicht genutzt hat. Aber das ist – neben dem allgemeinen Grundproblem – ein spezielles Neuhäuser Problem.

Die ich rief, die Geister, werd` ich nun nicht los*

*(J. W. von Goethe, Zauberlehrling)

„Realsatire in Neuhaus“, so berichtete die NEZ am 28.02.2015 über die Situation im Neuhäuser Rat. Für Außenstehende mag das alles ganz lustig erscheinen. Für uns Neuhäuser Bürgerinnen und Bürger ist es das ganz sicher nicht.

Fest steht, dass der Neuhäuser Rat wiederholt von seinem Bürgermeister falsch und irreführend informiert wurde. Ad hoc fallen mir folgende Aussagen ein:

– Im Bürgerpark wurde lediglich der alte Schießgraben verfüllt.
– Für die Reparatur des Pflasters in der Deichstrasse gibt es keine Gewährleistung.
– Die Reparatur wurde nach BGB beauftragt.
– Es liegt gar kein Mangel vor!
– Für das Ausbringen von Glyphosat liegt eine Genehmigung des Landkreises vor.
– usw., usw.

Durch Studium der Protokolle und/oder Besuch der Ratssitzungen lässt sich das eindeutig widerlegen. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird so etwas als Unwahrheit oder eben Lüge bezeichnet.

Wen wundert es da, dass in den Anfragen der FWN um wahrheitsgemäße Beantwortung gebeten wird? An sich doch eine Selbstverständlichkeit und deswegen in der Kommunalverfassung auch so vorgeschrieben – in Neuhaus muss man das ausdrücklich verlangen.

Geschickter wäre es gewesen, wenn der Bürgermeister in der Ratssitzung sich darüber nicht echauffiert hätte und die Fragen schlicht und einfach wahrheitsgemäß und kommentarlos beantwortet hätte. So wäre das leidige Thema auch nicht wieder hochgekocht. Bekanntlich soll man im Glashaus sitzend nicht mit Steinen werfen.

Dazu passend der Antrag des stellvertretenden Bürgermeisters, der Rat möge die Nichtbearbeitung solcher Anfragen beschließen. Man glaubt also, man könne die rechtlichen Vorgaben der Kommunalverfassung durch einfachen Beschluss des Gemeinderates aushebeln. Was kümmern uns Gesetze? Was kümmert uns die Wahrheit? Wir haben ja die Mehrheit! So ginge wohl „Demokratie“, wenn es nach den Vorstellungen des Bürgermeisters und seines Stellvertreters ablaufen würde.

Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht. Wer öfter lügt, wird zum Peppone von Neuhaus.

Und wer am lautesten brüllt, hat es wohl nötig – aber bekanntlich dadurch nicht Recht.

Gunnar Lenz, Neuhaus 2015-03-20

Eklat um die Wahrheit

Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen

Jedes Ratsmitglied hat nach NKomVG § 56 und Geschäftsordnung §§ 5 und 10 das Recht, Auskünfte vom Bürgermeister zu bekommen, denn der Rat kontrolliert die Verwaltung und den Bürgermeister und ist dessen Dienstvorgesetzter. Davon machen die Freien Wähler Neuhaus nach Bedarf Gebrauch und so wurde schon viel Wissenswertes bekannt. Leider sind einige unserer Fragen aber wissentlich falsch beantwortet worden. Diese Fälle haben wir dann im Flyer vom März 2014 aufgelistet und an alle Haushalte verteilt. Jeder Neuhäuser konnte das lesen, auch die Ratskollegen und der Bürgermeister selbst.

Die logische Konsequenz wäre, das Amt als Bürgermeister nieder zu legen, wie es z. B. Minister tun, die das Parlament belogen haben — aber nichts geschah. Dann hätte der Rat als Dienstvorgesetzter seinen Rücktritt verlangen müssen – aber es blieb ruhig. Die Freien Wähler haben nicht die Mehrheit im Rat und haben daher auch nichts weiter unternommen.

Allerdings bitten wir seitdem um die wahrheitsgemäße Beantwortung unserer Fragen, so wie es auch ausdrücklich fettgedruckt im NKomVG-Kommentar von Blum/Häusler/Meyer nachzulesen ist.

Nun hätte in der Ratssitzung vom 26. Februar 2015 eine einfache wahrheitsgemäße Antwort auf unsere Fragen gereicht, und es wäre nichts weiter passiert. Für den Ertappten selbst wäre es erst recht klug gewesen, das Thema nicht anzurühren, wie schon seit fast einem Jahr praktiziert. Aber es kam anders. Der Bürgermeister teilt ungefragt mit, dass er mit dieser Formulierung gestellte Fragen künftig gar nicht mehr beantworten würde.

Ich machte ihn darauf aufmerksam, dass er nach NKomVG § 56 dazu verpflichtet ist und sich das nicht aussuchen kann.

Der Fraktionsvorsitzende der CDU, Harm Funk, stellt den Antrag, dass Anfragen mit der Bitte um wahrheitsgemäße Beantwortung künftig nicht mehr beantwortet werden sollen. Der Ratsvorsitzende Georg Martens will den Antrag abstimmen lassen.

Ich machte nochmals darauf aufmerksam, dass das Niedersächsische Kommunalverfassungsgesetz höherrangig als ein Ratsbeschluss ist und ein solcher Ratsbeschluss daher rechtswidrig und ungültig wäre.

Der Ratsvorsitzende Georg Martens lässt daraufhin nicht abstimmen und geht zum nächsten Tagesordnungspunkt über. Die anwesende Presse und die Zuhörer haben alles mitbekommen und zwei Tage später steht es in der NEZ und ist Gesprächsthema der gesamten Region.

Reden ist Silber, Schweigen ist Gold, sagt der Volksmund, der jetzt wieder ein Thema hat.

Auszug aus dem Flyer vom März 2014