Schönfärberei

Wie man eine juristische Bruchlandung verklären kann

Die Freien Wähler Neuhaus waren durch die starrsinnige Haltung des Bürgermeisters Ende 2015 gezwungen worden, ihr gesetzlich geregeltes Recht einzuklagen, Näheres s. Artikel Geldverbrennung im Flecken. Dieser Vorgang ist bei klarer Rechtslage ohnehin schon grotesk. Was der Bürgermeister dann aber aus seiner juristischen Bauchlandung im Tagesordnungspunkt Bericht des Bürgermeisters daraus machte, ist ein Lehrstück für Propaganda.

Wir veröffentlichen den Vergleich daher an dieser Stelle erstmals und stellen ihn der Niederschrift der Ratssitzung vom 10. März 2016 gegenüber.

Der Vergleich lautet:

„Der Beklagte/Antragsgegner verpflichtet sich, die Punkte auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung vom 10.03.2016 zu nehmen, die der Antragsteller/Kläger mit Schriftsatz vom 23. Februar 2015 und 27. Mai 2015 beantragt hat. Dies betrifft die Komplexe „Änderung der Nutzungssatzung des Hafenschuppens" (Antrag vom 23.02.2015), „nicht wahrheitsgemäße Auskünfte des Bürgermeisters nach § 56 Absatz 1 Satz 2 Nds. Kommunalverfassungsgesetz in Ratssitzungen" (Antrag vom 27.05.2015), „Verhalten des Bürgermeisters gegenüber Ratsmitgliedern" (Antrag vom 27.05.2015).

Die Antragsgegnerin/Klägerin wird ihre Anfragen, die sie am 11. September 2015 und am 15. September 2015 gestellt hat, (siehe Schriftsatz vom 7. Dezember 2015 Ziffern 1 bis 3) erneut stellen. Sie wird dabei, wie auch künftig, darauf verzichten ausdrücklich um wahrheitsgemäße Beantwortung zu bitten. Auch andere Hinweise auf die Wahrheitspflicht nach dem Nds. Kommunalverfassungsgesetz wird die Fraktion nicht machen.
Die Beklagte/Antragsgegnerin verpflichtet sich, diese Anfrage sodann so zu beantworten wie die Geschäftsordnung das vorsieht.
Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.“

Fazit: Unseren Anträgen wurde im vollen Umfang entsprochen.

Und so berichtete der Bürgermeister darüber in der Ratssitzung:

„Klage und Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz

Wie bereits am 10. Dezember 2015 berichtet hat die Fraktion der Freien Wähler – vertreten durch den Sprecher Walter Rademacher – am 28.10.2015 beim Verwaltungsgericht Stade Klage erhoben und begehrt den vorläufigen Rechtsschutz gegen den Hauptverwaltungsbeamten des Fleckens Neuhaus (Oste) wegen Nichtbeachtung des § 56 NkomVG und der GO. In der Angelegenheit fand am 05.02.2016 ein nichtöffentlicher Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage vor der Berichterstatterin der 1. Kammer, der Präsidentin des Verwaltungsgerichtes Stade, statt. Bei dieser Erörterung hat die Richterin zunächst darauf verwiesen, dass die Fraktion der Freien Wähler nicht klagebefugt sei, sondern nur das einzelne Ratsmitglied.

Das Antragsrecht/ Auskunftsrecht nach § 56 NkomVG ist kein Fraktionsrecht, sondern ein Recht eines jeden Mitgliedes des Rates. Sie merkte auch an, dass der Bürgermeister Anfragen der Mitglieder des Rates, die sich auf Tatsachen beziehen müssen und respektvoll zu stellen sind, durch den Bürgermeister zu beantworten sind. Die Erörterung endete dann mit einem Vergleich, der von der Präsidentin laut auf einen Tonträger diktiert wurde.“

Wohlbemerkt, es geht um ein und dieselbe Sache. Es liest sich aber fast so, als wenn es zwei verschiedene Veranstaltungen gewesen wären. Vom Kern der Sache, um die es ging und von der juristischen Bauchlandung des Bürgermeisters keine Spur, dafür Banalitäten wie das laute Diktieren auf einen Tonträger. Ja, das ist Standard bei den Gerichte heute, was ist daran erwähnenswert in einer Ratssitzung und einer Niederschrift dazu?

Allerdings hat es einen ziemlich schalen Beigeschmack, wenn man nicht um die „wahrheitsgemäße“ Beantwortung der Fragen bitten darf, nachdem der Rat so oft belogen worden ist. Wer die gewählten Volksvertreter belügt, hat seine Hut zu nehmen, genau wie schon Franz-Josef Strauß, Uwe Barschel und viele andere bekannte Politiker zuvor.