Deichstrasse: Pfusch bleibt?

Rechtsansprüche auf Nachbesserung drohen zu verjähren

Schade, es sieht danach aus, dass die Deichstrassenanwohner weiter mit ihrem schiefen Klapperpflaster leben müssen. Und das, obwohl die Freien Wähler bereits im März 2012 eine Anfrage an den Bürgermeister gestellt hatten. Die ersten Antworten waren derart unzureichend, dass die Fraktion der Freien Wähler mit Schreiben vom 31.12.2012 nachgefragt hatte und am 20. Februar die Antworten bekam. Die Ansprüche auf Mängelbeseitigung/Nachbesserung verjähren aber in diesem Herbst.

Die Antworten selbst mögen dazu geeignet sein, einem Laien vorzugaukeln, es sei alles in Ordnung und da könne man nichts machen. Aber dem ist nicht so. Ich stelle mir vor, diese Arbeiten wären auf dem Grundstück des Bürgermeisters so erstellt worden. Ob er sich dann auch so verhalten hätte? Wohl kaum.

Nun bin ich zugegebener weise kein Jurist. Aber das Studium der Wirtschaftswissenschaften beinhaltet große Teile der Rechtwissenschaften, u.a. auch den „kleinen BGB-Schein“ wie ihn die Juristen ablegen. Schuldrecht ist ein Muss für alle Kaufleute, ohne geht es nicht. Deshalb bin ich kompetent, die Rechtslage zu bewerten.

Lesen Sie hier die Fragen der Freien Wähler und die Antworten des Bürgermeisters vom 20. Februar (in schwarzer Schrift). Die roten Einfügungen sind von mir erstellt worden und geben die gesicherte Rechtslage wider.

Antworten zu den Anfragen unter Punkt E vom 24. März 2012 (Antworten vom 20.02.2013)

Vorab folgende Anmerkung zu ihren Ausführungen, dass ihre Frage vom 24.3.12 darauf zielte, wer verantwortlich ist, die Antwort dies aber verschleiern würde. Ihre damalige Frage lautete: Wer hat die Arbeiten abgenommen? Nicht hingegen wer für die Abnahme verantwortlich ist. Beide Fragen zielen auf jeweils unterschiedliche Tatsachen ab. Insofern ist die Frage nicht falsch beantwortet worden. Die Antworten erfolgen jeweils in Bezug auf die gestellten Fragen. Daher ist ihre nachfolgende Frage eine zusätzlich Andere und hat nichts mit der Konkretisierung der ersten Frage zu tun. Ganz im Gegenteil. Die Fragen müssten konkreter gestellt werden.

Anmerkung: Was soll diese Haarspalterei? Bei der Frage, wer die Arbeiten abgenommen hat ist selbstverständlich der Verantwortungsträger gemeint, wer denn sonst.

Warum aber antwortet Martens auf die Frage, „Wer hat die Arbeiten abgenommen?“ „Die Verwaltung. Anwesend war zudem der Bürgermeister.“, und bringt sich selbst als Verantwortlicher in eine Zuschauerrolle? Um das hier noch einmal klarzustellen: Georg Martens ist der Hauptverwaltungsbeamte (HVB) mit der Bezeichnung "Bürgermeister". Er war dort als Verantwortlicher in seiner Funktion anwesend und wollte das und seine Verantwortung offensichtlich verschleiern.

Ob das noch als "Kunstgriff" durchgeht oder schon eine "Lüge" ist, mag der Leser selbst bewerten. Jedenfalls hatte Martens wohl nicht damit gerechnet, dass wir uns nicht so dummdreist abspeisen lassen. Offene, ehrliche und transparente Politik sieht anders aus.

Frage E 4.1:     Wer ist im juristischen Sinne für die Abnahme der Arbeiten verantwortlich?

Antwort:    Der Bürgermeister.

Anmerkung:     Aha, es geht doch!

Frage E 4.2:    In welcher Eigenschaft bzw. Funktion war der Tiefbautechniker bei der Abnahme anwesend, beratend oder verantwortlich?

Antwort:     Im Rahmen seiner Funktion als Tiefbautechniker.

Anmerkung:     Eine Baustelle wird bekanntlich auch während der Bauphase überwacht, ansonsten ist eine korrekte Endabnahme nicht möglich. Gab es hier überhaupt eine Bauüberwachung? Das Ergebnis sieht nicht danach aus.

Frage E 4.3:    Wurde unsere Frage vom 24. März 2012 unzutreffend beantwortet.

Antwort:    Nein, siehe obige Ausführungen.

Frage E 6.1:    Wie hoch waren die Kosten für die Reparatur (Angebot und Abrechnung)? Antwort:    Angebot insgesamt 5.853,91 Euro und abgerechnet 5.853,91 Euro.

Frage E 6.2:    Welche schriftlichen Belege gibt es über die Reparatur?

Antwort:    Massenzusammenstellung auf Positionsbasis und die Rechnungen.

Frage E 6.3:    Welche Qualitätsvorgaben (z.B. Verdichtungsmaß) sind der Fa. Kolbe gemacht worden?

Antwort:    Die Vorgaben richteten sich nach dem vom Herrn Schwiedurski eingereichtem Angebot der Firma Wilhelm Henn.

Frage E 8.1:    Wieso wird eine Verjährungsfrist für Mängelansprüche in Abrede gestellt?

Antwort:     Weil hier kein Mangel vorliegt.

Anmerkung:     Diese Aussage ist wissentlich falsch. Selbst wenn zum Zeitpunkt der Abnahme kein offener, also sichtbarer Mangel vorgelegen hätte (was durch Zeugenaussagen widerlegt werden kann), so liegt, dem jetzigen Zustand nach zu beurteilen, ein sogenannter „verdeckter Mangel“ nach BGB vor. Da niemand den baulichen Zustand verändert hat, ist davon auszugehen, dass dieser Zustand schon im Zeitpunkt der Abnahme – nur eben nicht sichtbar (hier: Unterbau) – vorhanden war.

Im Werkvertragsrecht findet sich seit der Schuldrechtsreform die Definition des Sachmangels in § 633 Abs. 2 BGB und die des Rechtsmangels in § 633 Abs. 3 BGB. *)

Es besteht im Werkvertragsrecht zudem das Recht auf Selbstvornahme (§§ 634 Nr.2, 637 BGB) was eine Sonderregelung in Bezug auf das Kaufrecht darstellt. Anders als im Kaufrecht definiert das Gesetz im Werkvertragsrecht nicht den relevanten Zeitpunkt für die Mangelhaftigkeit der Sache. Im Kaufrecht ist dies in der Regel die Übergabe der Sache.

Frage E 8.2:    Wieso besteht angeblich weder nach der VOB noch nach dem BGB ein Rechtsanspruch?

Antwort:    Bei dieser Maßnahme sind die VOB nicht Vertragsbestandteil geworden. Nach dem BGB liegt kein Mangel vor.

Anmerkung:     Allein die Nichtvereinbarung von VOB stellt eine grobe Pflichtverletzung der für den Flecken handelnden Personen dar, da die Verjährung nach VOB (§13 Abs. 4.1) 4 Jahre betragen hätte, nach Werkvertrag BGB jedoch nur 2 Jahre. Das lässt an der Kompetenz der handelnden Personen erhebliche Zweifel aufkommen.

Ausschluss der Sachmängelhaftung

Die Sachmängelhaftung kann bei Verkauf von Privat und unter Kaufleuten (HGB) vertraglich ausgeschlossen werden, ansonsten gilt die gesetzliche Regelung.

Aus § 309 (Klauselverbote) BGB ergibt sich:

Unternehmer dagegen kommen um die Sachmängelhaftung nicht herum, wenn sie an eine Privatperson (Flecken ist hier Privatperson, da kein Kaufmann im Sinne des HGB) verkaufen (§ 309 BGB Klauselverbote). Sie müssen zwei Jahre lang dafür haften, dass die Sache ohne Sachmängel ist (dass sie mangelfrei bleibt, kann in einer Garantie zugesagt werden).

Daneben ist ein Ausschluss oder eine Verkürzung der Sachmängelhaftung unwirksam, wenn der Verkäufer einen Mangel arglistig verschweigt. In diesem Falle wäre eine Prüfung angebracht.

Frage E 8.3:    Wieso will die Fa. die Arbeiten dennoch auf ihre Kosten ausführen, wenn es doch angeblich keine Verjährungsfrist für Mängelansprüche gibt?

Antwort:    Aus Kulanzgründen.

Anmerkung:    Kulanz ist eine freiwillige Leistung des Lieferers die nicht erzwungen werden kann. Wir gehen jedoch von versteckten Mängeln aus, die nach BGB §§ 434, 437 Rechte beim Besteller erzeugen. So kann die Nachbesserung durch die Reparaturfirma verlangt werden oder auch eine dritte Firma mit der Durchführung beauftragt werden und der Schaden entsprechend geltend gemacht werden. Ist bereits eine Mängelrüge an die Reparatur-Firma erfolgt???

Wenn nicht, ist sie dringend erforderlich, da die Ansprüche auf Nachbesserung im Herbst 2013 verjähren!!!

Die bisherige Verschleppungstaktik lässt befürchten, dass die Sache auch weiter bis über den Fristablauf im Herbst 2013 verschleppt wird und dann alle Ansprüche des Flecken erlöschen. Mal sehen, wie weit es dann mit der Kulanz der Reparatur-Firma bestellt ist (wird eher gegen Null tendieren)!!!

Fazit:

Schon erstaunlich, die Vorgehensweise des Bürgermeisters. Zunächst behauptet er wider besseres Wissen, es gäbe keine Gewährleistungspflicht der ausführenden Baufirma. Oder nimmt ihm jemand ernsthaft ab, dass er nach 26 Jahren Erfahrung mit Projekten in Millionenhöhe die Rechtslage zur Mängelbeseitigung nicht kennt?

Nachdem die Freien Wähler diese Lüge mit Nennung der Rechtsquellen widerlegt hatten, behauptet er jetzt einfach, es hätte gar keine Mängel gegeben. Die nächste Unwahrheit, schauen Sie sich dazu die Fotos und Erläuterungen unter FLECKEN/BAUSÜNDEN/DEICHSTRASSE an. Das erkennen auch Laien.

Die Freien Wähler werden am Ball bleiben und alles tun, um Schaden vom Flecken abzuwenden. Auch auf die Gefahr hin, dass wir auf unsere nächste Frage zur Antwort bekommen, dass es in Neuhaus gar keine Deichstrasse gibt. Oder es werden Schilder aufgestellt: Achtung, Schlaglochstrecke. Befahren und begehen auf eigene Gefahr. Der Bürgermeister.

Aber Scherz beiseite, offen bleibt ganz ernstlich die Frage, warum dieser Pfusch unter Verlust der eigenen Glaubwürdigkeit mit haarsträubenden Erklärungen gedeckt wird. Und schlimmer noch, die Firma Kolbe an der Brücke Schleusenstrasse gleich weiter pfuschen darf, bevor die Mängel in der Deichstrasse behoben worden sind.

Und nicht nur ich frage mich, wofür die Ratsmehrheit ihre Sitzungsgelder bekommt, wenn sie solche Vorgänge schweigend duldet oder gar verteidigt. Aufgabe der gewählten Vertreter ist es doch, die Verwaltung (sprich: den Bürgermeister) zu kontrollieren. Das lernt schon jedes Schulkind. Und es ist Aufgabe der gewählten Vertreter, für das Wohl der Gemeinde tätig zu sein – nicht aber für das Wohl des Bürgermeisters. Da scheinen doch einige gar nicht so recht zu wissen, was sie tun und wofür sie bezahlt werden – oder wollen sie es lieber gar nicht so genau wissen? Einfacher ist ja, die Freien Wähler anzuschwärzen und damit trefflich von sich abzulenken. Und man bekommt auch keinen Stress mit dem Bürgermeister…

Gunnar Lenz, Diplom – Kaufmann

*) Die Regelungen sind mit denen des Kaufrechts größtenteils deckungsgleich, so dass hier das gleiche gilt. Unterschiede gibt es in soweit, als die Bestimmungen zur mangelhaften Montage bzw. Montageanleitung hier nicht gelten, was ohne praktische Auswirkung bleibt, weil es zum einen im Werkvertragsrecht keine Montageanleitungen für den Besteller gibt (das würde den Werkvertrag erübrigen) und zum anderen Mängel bei der Montage eines herzustellenden Werkes wegen Verletzung einer Hauptpflicht schon von einer der ersten drei Sachmängelarten erfasst werden würden.

Nachtrag 20. August 2013:

Die dritte Anfrage beim Bürgermeister im Textlaut.