Rumms – das hat gesessen
Mit Schreiben vom 25.03.2013 hat die Kommunalaufsicht des Landkreises Cuxhaven die Haushaltssatzung des Flecken Neuhaus für 2013 abgelehnt. Nach meinem derzeitigen Kenntnisstand trifft das auch für alle SG- Gemeinden außer Cadenberge und Bülkau zu. Erstaunlich, da üblicherweise in Vorgesprächen die Genehmigungsfähigkeit ausgelotet wird und nur genehmigungsfähige Haushalte schlussendlich eingereicht werden. Trotzdem nun die Ablehnung auf breiter Front. Wieso?
Fest steht, dass nach gesicherter Rechtslage die Haushalte schon seit mehreren Jahren nicht genehmigungsfähig waren (vergl. §§ 110 ff NKomVG). In Anbetracht fehlender Alternativen hat man aber der Kontrollbehörde (wissentlich) einen relativ großen Entscheidungsspielraum eingeräumt, den diese auch genutzt hat. Man hat also Haushalte entworfen und genehmigt, die eigentlich dem Gesetz nicht entsprechen. Zwischenzeitlich wurden Entschuldungshilfen zu unbequemen Bedingungen angeboten und Strukturveränderungsvorschläge angedacht, die auch von unseren Gemeinden überwiegend nicht genutzt wurden. Hinzu kam der politische Regierungswechsel in Niedersachsen und mit Erlass des Innenministers der alten Regierung vom 08.01.2013 in Verbindung mit § 23 GemHKVO wurden nun die Daumenschrauben deutlich enger gestellt, nämlich dahingehend, dass Haushalte wie der des Flecken Neuhaus nun tatsächlich nicht mehr genehmigt werden können. Und davon gibt es viele.
Das liegt vereinfacht dargestellt u.a. daran, dass kurzfristige Liquitäts- oder Kassenkredite für lange Laufzeiten geplant werden ( siehe Schaubild ).
Schuldenentwicklung in Neuhaus 2009 – 2014 ( Quelle: Haushaltssatzung 2013 Neuhaus)
Sie sehen, dass die Kassenkredite von ca. 250 000 € in 2009 auf gut 1 Million € in 2013 ansteigen (das ist der Faktor 4) und in 2014 die kurzfristigen Schulden (Kontoüberziehung) höher sind als die langfristigen (Hypothek für das Haus).
Der Anstieg ist dramatisch und birgt hohe Risiken wie Zinsentwicklung, hohe Kosten, Einschränkung der Liquidität durch Schuldendienste und damit auch Verlust der Freiräume bei Entscheidungsprozessen. Es ist vergleichsweise so, als würden Sie Ihre Immobilie mit einem Dispo finanzieren und können dann die Stromrechnung nicht mehr zahlen.
Weiter wird zu Recht bemängelt, dass die Einnahmesituation – auch zukünftig – nicht dazu geeignet ist, weitere Kredite zu bedienen. Schon seit mehreren Jahren ist der Haushalt nicht auskömmlich. Auf norddeutsch: Wer keinen Kopf hat, kann auch nicht aus dem Fenster gucken. Vermeidbare Fehler der letzten 20 oder noch mehr Jahre, die mir als Betriebs-wirtschaftler schon länger aufgefallen waren und auf die ich immer wieder hingewiesen habe.
Jeder Privathaushalt oder Betrieb wäre bei solcher Verhaltensweise schon längst insolvent und abgewickelt gewesen. Nun holt es auch die Gebietskörperschaften ein. Mal sehen, wie man damit umgehen wird. Im Augenblick kann der Flecken jedenfalls nicht mal eine Briefmarke ohne Genehmigung der Kommunalaufsicht kaufen, aber da befinden wir uns in illustrer Gesellschaft. In der Wirtschaft würde man von Insolvenzverschleppung sprechen, ein Delikt nach Strafgesetzbuch. Hier stört sich niemand daran, es wird schon (fast) als normal empfunden.
Nun muss der Rat einen neuen Haushalt beschließen. Der Kämmerer wird ihn aufstellen und vortragen, die Mehrheit des Rates wird genauso viel verstehen wie vorher und der Empfehlung folgen. War irgend etwas?
Erschreckend für mich ist dass, dass die Politik nicht von den Räten gemacht wird, sondern von der Verwaltung und den Aufsichtsbehörden. Nebenbei: Wer beaufsichtigt eigentlich die Aufsichtsbehörden?
Gunnar Lenz, Diplom – Kaufmann